Wiederherstellung der ökologischen Durchgängigkeit der Schunter im Bereich des Wendener Wehres in Braunschweig

Veranlassung und allgemeine Zielvorgabe

Die Schunter soll als Hauptgewässer 1. Priorität im Niedersächsischen Fließgewässerschutzsystems so geschützt werden, dass sich die unter naturnahen Bedingungen typische Arten- und Biotopvielfalt auf ihrer gesamten Fließstrecke wieder einstellen kann (Rasper et al. 1991). Aktuell ist die Schunter jedoch noch in einem weitgehend naturfernen Zustand. Daher beabsichtigt die Stadt Braunschweig mit dem Wasserverband Mittlere Oker die Umsetzung des Renaturierungskonzeptes für die Schunter (Ingenieurgemeinschaft AGWA und F & N Umweltconsult 1997) im Bereich des Schunter-Wehres bei Wenden.

Ziel der vorliegenden Planung ist es, die ökologische Durchgängigkeit für das Wehr in Wenden durch ein Umgehungsgerinne wieder herzustellen.

Randbedingungen

  • Erhalt des Wehres auf Wunsch der Anlieger
  • Erhalt des Wehres aus Denkmalschutzgründen (Kulturdenkmal)
  • Wasserrechte sind nicht vorhanden
  • Beibehaltung des „Status Quo“ bzgl. der Wasserspiegellage im Oberwasser des bestehenden Wehres. Keine Vernässung oder Entwässerung der anliegenden Flächen (Vorhandensein von § 28 a + b NNatG geschützten Biotopen wie z.B. Teiche, Feuchtwiesen und Bruchwald auf den betroffenen Flächen; Gefahr von vermehrten Nährstoffausträgen). Beibehaltung der Grundwassersituation
  • Keine Verschärfung der HW-Situation bzgl. eines HQ6 für landwirtschaftliche Nutzflächen bzw. eines HQ100 für Wohnbebauung
  • Berücksichtigung der vorhandenen Habitatstrukturen; insbesondere der Fischfauna, Hechtlaichhabitat im unteren Mühlengraben (siehe auch Plan)
  • Lage und Verlauf einer Abwasserdruckleitung in ca. 1 m Tiefe unter der Geländeoberkante und einer Schmutzwasserleitung (STZ 200) im Norden des Plangebiets. Aus Kostengründen ist von einer Umlegung der Leitungen abzusehen.

Ökologische Zielvorstellungen und Vorgaben

Ziele:

  • Wiederherstellung der biologisch-ökologischen Durchgängigkeit
  • Erhöhung der fließgewässer- und auentypischen Strukturvielfalt
  • Verbesserung der Lebensraumeigenschaften für wildlebende Pflanzen und Tiere einschließlich des Fischbestandes
  • Steigerung der Leistungsfähigkeit des Naturhaushalts
  • Sicherung der bestehenden Verhältnisse im Mühlengraben (Laichgewässer für Fische, u.a. Hechte)
  • Bereicherung des Landschaftsbildes

Vorgaben:

Der naturnah zu gestaltende Umfluter soll in Bezug auf Strömung, Gefälle, Sohlsubstrat und weitere wesentliche gewässertypische Strukturen an die naturräumlichen Verhältnisse angelehnt sein:

  • Maximale Fließgeschwindigkeit vmax = 1,2 bis 1,4 m/s, lokal bis maximal 2,0 m/s
  • Mindestwassertiefe hmin = 25 cm
  • Durchgängige Gewässersohle durch sohlengleichen, möglichst tiefgründigen Anschluss des Umfluters im Ober- und Unterwasser 
  • Natürliches Sohlenmaterial (Kies und Steine unterschiedlicher Korngröße)
  • Abwechslung turbulenterer Bereiche mit strömungsberuhigten Ruhezonen 
  • Erhöhung der Strukturvielfalt durch Totholz und Störsteine 
  • In geringem Maße Sohl- und Ufersicherung zur Sicherstellung der Funktionsfähigkeit des Umfluters (àDurchgängigkeit)
  • Unterhaltungsaufwand soll sich auf den Erhalt der Funktionsfähigkeit beschränken
  • Gruppenweise Bepflanzung mit Erlen, Weiden, Lerchen und Ulmen (à Beschattung)

Beschreibung des Vorhabens

Nachdem die komplexeren Randbedingungen zu mehreren Variantenbetrachtungen geführt haben, steht die Lage des Umgehungsgerinnes (siehe Anlage 1) und das weitere Vorgehen bzgl. des abgängigen Wehres nun fest. 

Die ökologische Durchgängigkeit in diesem Bereich der Schunter wird durch einen Umfluter sichergestellt, welcher im Oberwasser (OW) vom Mühlengraben abzweigt und auf ca. 345 m Länge eine Höhendifferenz von 2,15 m abbaut. Das durchschnittliche Gefälle beträgt dabei 6,2 0/00.

Dieser Umfluter zweigt im Oberwasser im vorderen Bereich des Mühlengrabens ab, um kurz oberhalb der Straßenbrücke wieder in das heutige Schunterbett einzumünden. Bis zu einem Abfluss von ca. 0,7 m³/s (Unterschreitungshäufigkeit ~30 Tage) wird nahezu der gesamte Schunterabfluss durch den Umfluter geleitet. Bei höheren Abflüssen wird das bestehende und wieder zu ertüchtigende Wehr in das Abflussgeschehen einbezogen, wobei beim Erreichen eines Zielwasserstandes von 67,16 mNN mit der Schrittweisen Öffnung des Wehres begonnen wird. Darüber hinaus ist vorgesehen am Mühlengebäude weiterhin dauerhaft 50 l/s über den alten Mühlengraben abzuführen. Dieses geschieht zur Sicherung der Gründung des Gebäudes und Erhaltung des unteren Mühlengrabens als Laichgewässer. 

In dem Umfluter sind ca. 15 Steinschwellen geplant, an denen sich eine Wasserspiegeldifferenz von ca. 10 cm einstellen soll. Hierdurch soll das Gefälle auf einer relativ kurzen Strecke abgebaut werden. Die Gestaltung der Steinschwellen wird neben dem Höhenabbau auch die aquatische Durchgängigkeit des Gewässers sicherstellen. Die ober- und unterhalb der Steinriegel entstehenden ruhigeren Gewässerabschnitte bieten den wandernden Wirbellosen und Fischen Ruhezonen. Der Anschluss am Oberwasser wird in Form eines definierten Abflussquerschnittes als gegliederte Rampe ausgebildet. Im Unterwasserbereich, wo der Umfluter wieder in das heutige Schunterbett einmündet, soll eine Rampe die Ausbildung der Leitströmung zur verbesserten Auffindbarkeit für aufwärts wandernde Tiere sicherstellen.

Auszug aus dem Planverfahren

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